The Economist und Prof. Straubhaar einig in Sachen OBOR Pessimismus

the economist und straubhaar

Auch der britische Econimist, UKs bedeutendstes Wirtschaftsmagazin und Thomas Straubhaar, ex Präsident des Hamburger WWI, halten die Fahnen der Berufspessimisten hoch. Das allein wäre nicht kommentierungswürdig. Wenn allerdings die wesentlichsten, objektiven Wahrheiten ignoriert werden und dabei auch noch Fakten, die nicht ignoriert werden dürfen, unter den Tische gekehrt werden, dann wird es Zeit zu reagieren.

Der politische und diplomatische Grundsatz von Charles de Gaulle, wonach Staaten keine Freunde, sondern Interessen haben, gilt noch heute und wird gerade par excellence von der US amerikanischen Administration vorgelebt. In diesem Fall kommt allerdings kommt noch etwas dazu, was den Chinesen im Gegensatz zu den USA und auch dem Vereinigten Königreich völlig fremd ist. Es geht um mangelnde Zuverlässigkeit und mangelnde Berechenbarkeit als vertrautenschaffende Voraussetzung für konstruktive Beziehungen und nachhaltigen Interessenausgleich. Wo bitte kann mit der Kenntnis diesen beiden eklatanten Mängel, von Verhältnissen auf Augenhöhe nur innerhalb des Westens gesprochen werden? Mit welcher Anmaßung wird hier vom Verhältnis zum Osten etwas gefordert, was offenkundig den eigenen politischen Grundsätzen fremd ist? Allianzen, Unionen oder politische Gemeinschaften wie die EU, können nur funktionieren, wenn diese beiden vorgenannten Säulen standfest sind. Ähnliches gilt für die Verabredungen von wirtschaftspolitischen Projekten, die zwischen zwei oder mehreren Staaten verabredet sind. Der Aufbau von Infrastrukturen in politisch und/oder wirtschaftlich schwachen Regionen erschließt nunmal das dortige Humankapital und sorgt zumindest für eine Minderung der gesellschaftlichen Entwicklungshemmnisse. Das allein ist schon ein bemerkenswerter Fortschritt in diesen Regionen und wird von der chinesischen BRI gefördert. Wo bitte waren vergleichbare Ansätze und Bemühungen des Westens, derartige Projekte anzustossen und zu verfolgen?

Ebenso bemerkenswert ist das Argument, daß in vielen Fällen die geplanten Infrastrukturen militärisch genutzt werden können. Solch ein Argument kann man nur als abstrus bezeichnen. Jede Form von Infrastruktur, auf der ganzen Welt, kann potentiell militärisch genutzt werden. Sollte nur deshalb z.B. der Straßen- Eisenbahn- oder Kraftwerksbau in Entwicklungsgebieten unterbleiben.? Wenn dies die Denkschule des Westens wäre, könnte man völlig zu Recht von Kolonialismus sprechen. So bitte nicht Herr Prof. Dr. Straubhaar, wo bleibt da die notwendige Seriösität? Ausserdem hätte jeder die Chance in einem einfachen T Konto Vergleich herauszufinden, wie viele militärisch Konflikte durch die USA initiiert worden, oder an denen die USA beteiligt waren, und wieviele gleichermaßen durch China in den letzten 25 Jahren? Das Ergebnis wäre x zu 0 zu Gunsten der USA. Also eine weiteres hanebüchenes Argument.

Aber schauen wir weiter, es gibt noch einige Ungereimtheiten im von der Welt abgedruckten Artikel. Die faktische Größe Chinas als Nr. 1 bezüglich der Kaufkraft, erzwingt eine geopolitische Verankerung. Die Nachhaltigkeit für das Gesamtgebilde der Weltwirtschaft hängt davon ab und ist ein Muss für Alle. Eine Nichtverankerung stellt ein nicht zu akzeptierendes Risiko dar. Die Investitionen Chinas in westliche Technologien über den Erwerb von Unternehmenskäufe, sowie die Sicherung von Rohstoffen über bilaterale Projekte sind weder neu, noch von China erfunden worden. Als Beispiele seien die Beteiligungen Quatars an deutschen Schlüsselunternehmen oder die Beteiligungen an Öl- und Gasförderprojekten durch westliche Unternehmen im Nahen Osten oder in Afrika und in der Karibik genannt. Der Unterschied liegt in der fehlenden Nachhaltigkeit solcher Beteiligungen durch die bisherigen Großinvestoren. Es ist haarsträubend China diese Vorgehensweise zum Vorwurf zu machen, wenn eigene, proaktive Strategien fehlen.

Die größte Ungereimtheit findet sich allerdings in Versuch Deutschland und der EU eine Anbiederungspolitik zu unterstellen. Es wäre durchaus wünschenswert und sinnvoll über einen Politikwechsel in Hinblick auf die Wahrung europäische Interessen nachzudenken. Andernfalls besteht das Risiko, im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder der wirtschaftspolitischen Dynamik es Ostens zu geraten. Die aufstrebenden Länder des Ostens halten 67% der Weltwirtschaftsleistung in der Hand und wachsen jährlich mit 4-5%. Der Westen schafft gerade noch 1,5-2,5% mit stagnierender Tendenz.

Es ist doch völlig klar, Herr Prof. Dr. Straubhaar, dass der Westen aus ureigenstem Überlebensinteresse den Schulterschluss auf Augenhöhe suchen muss. Und das hat nichts, aber auch gar nichts mit Anbiederung zu tun, sondern wäre weitschauende und kluge Politik. Noch 2-3 Jahre im politischen Schmollwinkel, liebe EU und der Zug ist abgefahren, trotz allen Unkenrufe der immer gleichen Mahner.

Wenn schon, wie in Ihrem Artikel beschrieben Herr Prof. Dr. Straubhaar, „ Aus Sicht Pekings, Europa nicht mehr als ein Mittel zum Zweck darstellt“ so wäre dies der beste Grund im Sinne einer neuen WWO zu handeln. Hierfür werden aber auch weitschauende und kluge wirtschaftswissenschaftliche Köpfe benötigt, die insbesondere Lösungen präsentieren und sich nicht im Lichte einer vermeintlich bedrohlichen Erkenntnis sonnen, deren Wert bestimmt nicht zukunftsorientiert ist.

Der geneigte Leser mag nun selbst entscheiden. Den betreffenden Artikel finden Sie nachfolgend.

 

Aus Sicht Pekings ist Europa nicht mehr als ein Mittel zum Zweck

Von Thomas Straubhaar

Die Volksrepublik ist im Handelskonflikt mit den USA ein falscher Freund – denn Peking will die Welt wirtschaftlich und politisch dominieren. Trump hin oder her – Europa braucht Amerika also mehr denn je.

China als Planet im Zentrum und die übrige Welt kreist auf Ringen um das Reich der Mitte. Das, so das britische Wirtschaftsmagazin Economist, sei die geostrategische Vision Pekings. Und in der Tat spricht vieles dafür, dass die Volksrepublik eine Pax Sinicawiederbeleben will, wie sie über Jahrhunderte galt und die in früheren Zeiten unter chinesischer Herrschaft den kleineren Nachbarn in Zentral- und Ostasien Frieden und Wohlstand brachte.
Herzstück der Außenwirtschaftspolitik ist die von Staatspräsident Xi Jinping als „Jahrhundertprojekt“ geplante Anbindung Chinas über die rundum erneuerte, historisch bedeutsame Seidenstraße an Europa und auf dem Seeweg an Afrika. Damit sollen gleichermaßen der jederzeitige Zugriff auf Rohstoffe aus Afrika wie die stetige Versorgungssicherheit mit technologisch hochwertigen Investitionsgütern aus Europa gewährleistet sein.Geleitet und finanziert von Peking, sollen im kommenden Jahrzehnt im Rahmen einer „Belt-Road-Initiative“ Hunderte Milliarden US-Dollar in die Energie-, Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur Asiens investiert und Netzwerke von Öl- und Gaspipelines, Strom- und Glasfasernetzen, Eisenbahnen, Straßen und Seehäfen gebaut werden. Millionen neuer Jobs könnten so in Zentral- und Ostasien entstehen.Damit wäre jene ökonomische Prosperität erreichbar, die religiösen Fundamentalisten den Nährboden für Terror und politische Instabilität entzieht. So weit, so gut. Aber muss jemand gleich ein Schelm sein, der Böses dabei denkt, wenn er darauf verweist, dass eine dem Handel und der Wirtschaft dienende Infrastruktur vergleichsweise einfach und mit wenig zusätzlichem Aufwand auch militärisch genutzt werden könnte?

Keine Illusionen machen

Es ist an der Zeit zu erkennen, so schreibt der Economist, dass „China viel mehr als ein gewöhnlicher Handelspartner ist“. Der politischen Macht und ökonomischen Stärke des Reichs der Mitte, um das sich die übrige Welt zu drehen hat, wird in Peking alles andere untergeordnet. Weder Deutschland noch die Europäische Union (EU) sollten sich irgendwelche Illusionen machen. Sie sind aus der Sicht Pekings nicht mehr als ein Mittel zum Zweck, Chinas geopolitische Position zu festigen.

Deshalb ist es so naiv wie gefährlich, sich der Volksrepublik anzubiedern, nur um ausgerechnet mit China gegen US-Präsident Donald Trump und seine handelspolitischen Irrwege eine „Allianz der Multilateralisten“ zu bilden, die für globale Regeln, offene Märkte und weltweite Arbeitsteilung eintritt. Was für ein Irrweg!

Chinas Wirtschaft war und ist keine freie Marktwirtschaft. „Tatsächlich präsentiert sich die chinesische Wirtschaft als Staatskapitalismus mit globalem Führungsanspruch. China spielt nach anderen Regeln, nach Regeln, in denen „Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Demokratie als Gedöns gelten“, war in WELT zu lesen.

Anders als vom Westen und insbesondere auch den USA erhofft und erwartet, hat der Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 wenig bis nichts am merkantilistischen, staatsgelenkten Wirtschaftssystem geändert.Auch deshalb wird in den USA die chinesische Mitgliedschaft in der WTO zunehmend als schwerwiegender historischer Fehler bewertet, der die massiven Handelsbilanzdefizite der USA erst verursachte und so Millionen amerikanischer Jobs gekostet habe. Offenbar vertragen sich gelenkter Staatskapitalismus und Globalisierung eben nicht so ohne Weiteres, ja, vielleicht überhaupt nicht. Deshalb sind – aller undiplomatischer Rhetorik zum Trotz – die wütenden Angriffe Donald Trumps gegen China nicht grundlos und eher im Interesse als zum Schaden Europas.

Genug Geld für alle 30 Unternehmen des Dax

Aber nicht nur in der Volksrepublik sind westliche Markenrechte, geistiges Eigentum, Patente oder Innovationen schlecht geschützt. Genauso gehören ein schamloses Kopieren westlicher Technologien – auch durch Aufkauf von Firmen –, Ideenklau, Industriespionage, Druck und Erpressung zur Doktrin „made in China“, die nach Unabhängigkeit vom Ausland strebt. Wie aggressiv das Vorgehen Pekings geworden ist, zeigt sich an der Einkaufspolitik chinesischer Staatsfonds in Europa, zuletzt am gescheiterten Versuch, sich am Stromnetzbetreiber 50Hertz in Deutschland zu beteiligen.

Die aus den Exportüberschüssen der vergangenen Jahre angehäuften chinesischen Devisenreserven, die zum großen Teil in amerikanischen Staatsanleihen angelegt sind, dürften nach aktuellen Daten der Weltbank einen Wert von 2,7 Billionen Euro haben.

Das würde locker ausreichen, um nicht nur alle 30 Unternehmen des Dax zusammen vollständig zu erwerben. Die 100 deutschen Aktiengesellschaften mit der höchsten Marktkapitalisierung könnten gleich insgesamt übernommen werden.

Fair Play und nicht Powerplay

Europa und Deutschland sind somit dringender denn je gefordert, eine Strategie gegenüber der „Made in China“-Politik Pekings zu finden. Dabei sollte es weniger um defensive Abwehrkonzepte, eine staatliche Genehmigungspflicht oder gar Investitionsverbote für chinesische Staatsfonds gehen, die durch Umgehungsgeschäfte und Missbrauch leicht ausgehebelt werden können und zudem hohe Kontroll- und Umsetzungskosten verursachen.

Klüger dürfte es sein, mit griffigen, global gültigen Abkommen und Regelwerke dafür zu sorgen, dass auch für chinesische Eigentümer Fair Play und nicht Powerplay betriebswirtschaftlich attraktiver ist.

Spätestens an der Stelle wird deutlich, dass die EU und Deutschland für die Durchsetzung eigener Interessen gegenüber China die USA mehr denn je brauchen. Trump hin oder her wird es Globalisierung im bisherigen westlichen Sinn, mit weltweit gültigen Rechtsregeln, mit einem Schutz geistigen Eigentums, strategischen Firmenwissens und moderner Technologien für Europa nur mit, nicht aber gegen die USA geben.

Europe United in einer starken transatlantischen Partnerschaft mit Amerika muss die Antwort auf die Pax Sinica Strategie sein. Nur so lässt sich verhindern, dass Europa als Trabant der Schwerkraft des chinesischen Planeten macht- und schutzlos ausgeliefert ist.

Quelle: Welt.de

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