Die chinesische-russische Arktisroute der neuen Seidenstrasse

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Die chinesische-russische Arktisroute der neuen Seidenstrasse.

Wie jeder weiß, kommt es in der Logistik neben Zuverlässigkeit vor Allem auf Geschwindigkeit an. Beide zusammen bestimmen neben den Transportkapazitäten den Faktor Kosten. Es liegt also nahe sich ernsthaft mit der maritimen Seidenstrasse über die Nordpolarroute zu beschäftigen. Im Jahre 2017 hat ein russischer Flüssigastanker bewiesen, dass die arktische West-Ost Route sechs Tage in Richtung Asien einsparen kann. Ein gewaltiger Sprung mit erheblichen Folgen. In einem Weißbuch, das jüngst veröffentlicht wurde, erklärt die chinesische Führung, dass sie vorhabe, eine „wichtige Rolle beim Ausbau des Schifffahrtsrouten-Netzes“ zu spielen, und merkte an, dass „infolge der globalen Erwärmung die arktischen Schifffahrtsrouten wahrscheinlich zu wichtigen Transportrouten für den internationalen Handel werden“.
Weiter heißt es bei RT Deutsch, dass China Unternehmen ermutigen werde, Infrastruktur-Projekte aufzubauen und kommerzielle Probefahrten durchzuführen, um den Weg für arktische Schifffahrtsrouten zu ebnen, die zur Bildung einer „Polar-Seidenstraße“ führen würden.

Die Landterritorien in der Arktis umfassen eine Fläche von rund acht Millionen Quadratkilometer und sind unter Russland, Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden, Kanada und den Vereinigten Staaten aufgeteilt. Der Arktische Ozean hat eine Fläche von mehr als zwölf Millionen Quadratkilometer, in denen Küsten- und andere Länder gemäß internationalem Recht maritime Rechte und Interessen teilenObwohl China ein nicht-arktischer Staat ist, ist es in der Region zunehmend aktiv. Seit 2013 hat das Land eine Beobachter-Mitgliedschaft im Arktischen Rat inne. Das Land ist außerdem maßgeblich an dem russischen Jamal-Projekt beteiligt, was Peking eine voraussichtliche Versorgung mit vier Millionen Tonnen Flüssiggas pro Jahr sichern soll.

Dem Weißbuch zufolge wird China auch die Entwicklung der Förderung von Öl, Gas, Bodenschätzen und anderen nicht-fossilen Energien sowie der Fischerei und des Tourismus in der Region beobachten. In dem Dokument gelobt Peking, „mit den arktischen Staaten zusammenzuarbeiten und dabei die Traditionen und Kulturen der Bewohner der Arktis, einschließlich der indigenen Völker, zu respektieren und die natürliche Umwelt zu erhalten“.

Die Initiative der Neuen Seidenstraße, die sich auf handelsfördernde Infrastrukturprojekte entlang der alten Seidenstraße konzentriert, zielt darauf ab, China mit Europa, dem Nahen Osten und darüber hinaus zu verbinden. Vor dem Hintergrund, das Russland als der Staat mit der größten Landmasse der Erde wohl auch den umfangreichsten Anspruch auf die an dieser Route gewaltigen Energiereserven erheben wird, erscheint es nicht nur logisch sondern auch konsequent, so früh wie möglich über kooperative Ansätze zwischen China, Russland und den sonstigen Interessenvertretern des Arktischen Rates zu sprechen. Schätzungen, wonach etwa 16 Prozent der weltweiten erdöl- und ca. 30 prozent der weltweiten Erdgasreserven in arktischen Gebieten zu finden sind, machen deutlich, welch gigantischen Wertschöpfungspotentiale gefährliche Begehrlichkeiten auslösen. Russlands Wirtschaft leidet derzeit immer noch an der ziemlich einseitigen Rohstoffausrichtung, so wie China immer stärker am Gegenteil, den mangelnden, eigenen Rohstoffvorkommen leidet.

Man sollte eigentlich meinen, damit wären beste Voraussetzungen für einen Interessenausgleich gegeben. Zentralasien gilt als traditioneller Hinterhof Moskaus. Kulturell, sprachlich und historisch sind die Länder der ehemaligen Sowjetunion Russland deutlich näher als China. Die Volksrepublik ist zwar in den ehemaligen Sowjetrepubliken längst größter Handelspartner und größter Investor – trotzdem sieht Russland die Region als angestammte Einflusssphäre und verfolgt sein eigenes Integrationsprojekt, die Eurasische Wirtschaftsunion mit fünf ehemaligen Sowjetrepubliken. Doch China wirft sein ökonomisches Gewicht in die Waagschale und bietet sein Projekt als attraktivere Alternative an – offenbar mit Erfolg. Mittlerweile wird darüber gesprochen, beide Projekte zusammenzuführen. Russland habe mittlerweile verstanden, dass es ohne die Volksrepublik nicht geht, sagt Wang Yiwei von der Volksuniversität: „Russland versteht jetzt, dass sie viele Schwierigkeiten haben, dass ihre Wirtschaft nicht modernisiert ist, dass sie chinesische Investitionen brauchen. Sie müssen sich in die chinesische Seidenstraße integrieren, andernfalls leiden sie noch mehr unter den Sanktionen des Westens.“
Doch Chinas wirtschaftliche Überlegenheit allein kann das Misstrauen nicht wettmachen. Auch die mentalen Annäherungen zwischen Xi Jinping und Wladimir Putin kürzlich in Moskau konnten die strategische Rivalität in Zentralasien nicht völlig überdecken. Langfristig sei das ein Risiko für das Projekt neue Seidenstraße, sagt Jörg Wuttke von der AHK: „Da kann eine Menge Kollateralschaden entstehen, wenn die Großen, also Indien und Russland das als Beschneidung ihrer territorialen Einflussgebiete sehen, dann haben wir alle ein Problem. Noch hoffe ich, dass das als Logistikbereicherung für Europäer und Chinesen gesehen wird, aber die Musik spielt sicherlich dazwischen.“

Fakt ist, gerade die arktische Route eröffnet neue Kooperationsmöglichkeiten zwischen China und Russland. Westeuropa wird nur dann eine Rolle spielen, wenn es schnelle und konsequent handelt und sich als Projektpartner für die Erschließung, den Transport und die Veredelung von Rohstoffen einbringt. Die Überlegungen hinsichtlich der strategischen Absicht Chinas und deren Auswirkungen auf Russlands Wachstumschancen sind sicher berechtigt. Aber auch an dieser Stelle ist es die Aufgabe Deutschlands und der EU ein unterstützendes und Interessenausgleichendes Angebot zur Förderung der guten Absichten aller Beteiligten Länder zu unterbreiten.

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